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Titandioxid 


Titandioxid in Medikamenten ist ein Thema, das rund 91.000 Produkte betrifft. Die EU-Kommission hat für den gesamten Lebensmittelbereich Titandioxid ab 2022 verboten. Für Medikamente jedoch greift das Verbot nicht. 

Unsere Argumentation ist ebenso einfach wie logisch:

Was für Lebensmittel offenkundig schlecht war und ist, kann für Medikamente nicht gut sein. 


Mit diesem einfachen Satz sind wir an eine Vielzahl von Hersteller, Behörden, Parteien, Institutionen, Verbände und an die Bundesregierung  in Berlin heran getreten und haben nachgefragt.


Unsere Frage an Mitglieder des Bundestags-Gesundheitsausschusses beispielsweise lautete:


Wie priorisieren Sie ganz persönlich „Patientensicherheit“, wenn ab 2022 EU-weit mutmasslich gesundheitsschädliches Titandioxid in Lebensmitteln zwar verboten, in Medikamenten aber erlaubt bleibt?

Die EU-Kommission hat ab 2022 den Einsatz von Titandioxid in allen Lebensmitten verboten und folgt damit dem Vorsorge- und Präventiongedanken im Sinne des Verbraucherschutzes in allen Mitgliedsstaaten, also auch in Deutschland. Das ist gut! Bei der Herstellung und Inverkehrbringung von Arzneimitteln, die in besonderer Weise das Vertrauen des Konsumenten bedingen, gilt diese Regel nicht. Das ist schlecht! Die Pharmawirtschaft adressiert das Argument in Gefahr stehender Versorgungssicherheit oder gar unterbrochener Lieferketten an die Politik, um entweder dauerhaft von der Regel ausgeklammert zu bleiben oder mindestens Übergangsfristen von sehr vielen Jahren auszuhandeln.

Wie werden Sie als Mitglied des Gesundheitsausschusses* auf das Thema reagieren? Ist Patientensicherheit weniger „wert“, als allgemeiner Verbraucherschutz? Können Sie bitte Stellung nehmen zu der Frage, warum die Politik hier erkennbar gegenüber marktmechanistischen Argumenten der Pharma-Lobby einbricht?



Von klärenden Antworten weit entfernt


Titandioxid in Arzneimitteln beschäftigt den Patientenbeauftragten der Bundesregierung


Berlin, 12.3.2022 (DOPANET) Der Beauftragte der Bundesregierung für Belange von Patienten, Stefan Schwartze, hat sich verständnisvoll zu der wenig plausiblen Tatsache geäussert, warum Stoffe wie Titandioxid in Lebensmitteln verboten sind, aber in Arzneimitteln weiterhin enthalten bleiben. Im Vergleich zu Lebensmitteln sei der Titandioxid-Gehalt in Arzneimitteln jedoch geringer, kontrollierbar und auf Grund größerer Partikel „möglicherweise weniger gesundheitsschädlich“. Titandioxid als Hilfsstoff bei der Arzneimittelproduktion sei nötig, um den Wirkstoff eines Arzneimittels „in einer bestimmten Darreichungsform zu verpacken“ und „stabile und patientengerechte Einnahme“ zu ermöglichen. Daher sei die Substanz aktuell in Arzneimitteln noch erlaubt, in Lebensmitteln jedoch verboten. Das seit 2022 EU-weit geltende Inverkehrbringungsverbot in Lebensmitteln beruhe auf einer Untersuchung zu den gesundheitlichen Risiken von Titandioxid in Lebensmitteln und Kosmetika durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Der Patientenbeauftragte führt weiter aus, dass ein Verbot von Titandioxid in Arzneimitteln zum jetzigen Zeitpunkt zu Versorgungsengpässen führen könne, obwohl ein gesundheitliches Risiko nicht ausgeschlossen werden kann. Bedeutend sei der Unterschied der möglichen Aufnahmemengen , die in Lebensmitteln um einiges höher sei als in Arzneimitteln. Was die Partikelgröße des eingesetzten Titandioxid anlange, müsse der tatsächliche Einfluss auf den menschlichen Organismus „noch genauer untersucht werden“.

Der 1974 geborene gelernte Industriemechaniker Stefan Schwarze gehört seit 2009 dem Deutschen Bundestag an und war in den zurückliegenden zwei Legislaturperioden Sprecher der Arbeitsgruppe Petitionen der SPD-Bundestagsfraktion. Schwartze vertritt als Nachfolger von Frau Prof. Dr. Claudia Schmidtke seit Mitte Januar 2022 Patientenbelange in allen relevanten politischen Bereichen und im Rahmen von sämtlichen gesetzlichen Massnahmen, welche Patientenbelange berühren.

Die Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss, Frau Katrin Helling-Plahr, antwortete uns am 29.12.2021 wie folgt:


Sehr geehrter Herr Mielert,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam nach einer Auswertung aller derzeit verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dem Ergebnis, dass Studien mit Titandioxid zur allgemeinen Toxizität und zur Organtoxizität keine Hinweise auf schädliche Effekte liefern. Jedoch konnte auch der Verdacht auf eine erbgutschädigende Wirkung von Titandioxid nicht entkräftet werden. Aufgrund dieser bestehenden Unsicherheiten ist ein Verbot der Verwendung von Titandioxid in Lebensmitteln nachvollziehbar.

Anders als im Lebensmittelbereich wird Titandioxid im medizinischen Bereich nicht allein aus ästhetischen Gründen verwendet, sondern dient u.a. auch dem Schutz von in Medikamenten enthaltenen empfindlichen Wirkstoffen. Verbraucherschützer weisen zudem darauf hin, dass die Zusammensetzung von Arzneimitteln im Gegensatz zu Lebensmitteln nicht so einfach zu ändern wäre. Nach Einschätzungen der Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) könnte eine Umstellung zwischen sieben und zwölf Jahren dauern.

Solange es keinen hinreichenden Beleg der Schädlichkeit von Titandioxid in Arzneimitteln gibt und kein alternativer Ersatzstoff zur Verfügung steht, halte ich die Entscheidung, dass sich das Verbot von Titandioxid nicht auch auf den medizinischen Bereich erstreckt, ebenfalls für nachvollziehbar. Allerdings sind weitere wissenschaftliche Untersuchungen notwendig, deren Ergebnisse Richtschnur für das Handeln der Politik sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene sein müssen. Zudem sollten auch neue Alternativen zu Titandioxid erforscht und nach Möglichkeiten zeitnah eingesetzt werden. Insoweit sind auch die Pharmaunternehmen angehalten, ihre Bemühungen zu intensivieren.

Mit freundlichen Grüßen

Katrin Helling-Plahr


Die ehemalige Bundeslandwirtschaftsministern Julia Klöckner, heute Oppositionspolitikerin und wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gab am 5.1.2022 eine Kurznachricht ohne Themenbezug ab:


Sehr geehrter Herr Mielert,…

… Sie erreichen mich als Bundestagsabgeordnete für meinen Wahlkreis Kreuznach und als wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion...

Gerne können Sie mir dazu Fragen stellen.

Herzliche Grüße

Julia Klöckner MdB


Wir werden uns erlauben, die Anfrage zu präzisieren und erneut an Frau Klöckner vorlegen zu lassen.



Der FDP-Abgeordnete Maximilian Funke-Kaiser, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages, antwortet am 5.1.2022 wie folgt:


Sehr geehrter Herr Mielert,

gleich zu Beginn möchte ich klarstellen, dass die Patientensicherheit nicht weniger wert ist als der allgemeine Verbraucherschutz. Dieser Vergleich verbietet sich aus meiner Sicht. Weiterhin ist das Titandioxid-Verbot auch die richtige Entscheidung. Das sollte sowohl für Lebens- als auch langfristig für Arzneimittel gelten.

Das Verbot selbst muss in den Bereichen der Lebens- und Arzneimittel aber auch differenziert betrachtet werden. Dabei geht es nicht um die von Ihnen genannten Lieferketten oder die Versorgungssicherheit, sondern um die Tatsache, welche Aufgabe dieser Stoff in den Arzneimitteln übernimmt. Während es in den Lebensmitteln fast ausschließlich als Farbstoff genutzt wurde, ist es dort nämlich anders. Titandioxid ist bei Arzneimitteln unter anderem dafür zuständig, die empfindlichen Wirkstoffe in Medikamenten zu schützen. Zusätzlich ist die Zusammensetzung von Lebens- und Arzneimitteln äußerst unterschiedlich. Eine in ihrer Wirkung gleichzusetzende Arzneimittelzusammensetzung lässt sich nicht ad hoc ändern. Teilweise kann dies mehrere Jahre dauern.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) appellierte bereits an die pharmazeutischen Hersteller, einen Ersatzstoff zu entwickeln. Es gibt auch bereits Beispiele dafür, dass es klappen kann. So gibt es Ibuprofen-Alternativen, die ohne Titandioxid auskommen. Sofern diese Entwicklung weiter voranschreitet, kann auch ein Verbot bei Arzneimitteln durchgeführt werden. Als Mitglied im Gesundheitsausschuss werde ich dieses Thema auf jeden Fall im Auge haben.

Ich bedanke mich für Ihre Frage und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Maximilian Funke-Kaiser


Der Arzt und Gesundheitspolitiker Dr. Janosch Dahmen von Bündnis90/Grüne, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, schrieb am 6. Januar 2022 folgendes:


Sehr geehrter Herr Mielert,

vielen Dank für Ihre Nachricht zur Verwendung von Titandioxid in Arzneimitteln.

Das können wir auf nationaler Ebene nicht hinreichend beeinflussen. Zu bedenken ist hierbei im Übrigen ein Zielkonflikt:

Einerseits müssen die Verbraucher auch bei Arzneimitteln vor einem als gesundheitsgefährdend geltenden Stoff geschützt werden. Andererseits müssen auch die Interessen der Patientinnen und Patienten bedacht werden.

Würde man den Inhaltsstoff Titandioxid sofort verbieten, würden etliche sehr wichtige Medikamente wegfallen, weil diese aktuell noch Titandioxid enthalten und eine Neuformulierung Zeit benötigt.

Aus unserer Sicht sollte daher zumindest ein Ausstiegsszenario entworfen werden, das den Arzneimittelherstellern die Möglichkeit gibt, ihre Präparate wissenschaftsbasiert neu zu formulieren. Begonnen werden könnte sehr rasch mit den Arzneimitteln, für die bereits Alternativen zu Titandioxid existieren.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Janosch Dahmen


Die SPD-Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, Frau Heike Baehrens, schrieb am 7.1.2022 folgendes:


Sehr geehrter Herr Mielert,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Titandioxid. Dieser Zusatzstoff, der auch als E171 gekennzeichnet wird, dient in Lebensmitteln als weißer Farbstoff und wird insbesondere in Kaugummis, Backzutaten und Backwaren verwendet. Inzwischen gibt es Erkenntnisse, dass die winzigen Nanopartikel, aus denen Titandioxid besteht, körperliche Schutzbarrieren wie die Darmbarriere passieren können. So könnten sie die Darmflora schädigen und zum Beispiel Krebs verursachen.

Auf der Grundlage einer im vergangenen Oktober veröffentlichten Analyse der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zur Verwendung von Titandioxid in Arzneimitteln soll Titandioxid bis auf weiteres als Zusatzstoff erlaubt bleiben. Einer der Gründe für diese Entscheidung ist die Vermeidung von Engpässen. Man müsse zunächst geeignete Alternativen untersuchen und prüfen, um negative Auswirkungen auf die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der Arzneimittel auszuschließen. Unbegrenzt Zeit lassen darf sich die Industrie aber nicht, denn die Situation soll in drei Jahren durch die EMA und die Europäische Kommission neu bewertet werden.

Wie die EMA in ihrer Analyse weiter ausführt, wird Titandioxid extensiv in der Arzneimittelherstellung genutzt: Laut den EU-Handelsverbänden enthalten etwa 91.000 Humanarzneimittel und 800 Tierarzneimittel in der EU Titandioxid. Das betreffe so gut wie alle oralen Arzneiformen: Tabletten, Weichkapseln, Hartkapseln, Granulate etc.. Essenzielle Arzneimittel wie Antidiabetika oder Antibiotika seien betroffen. Die verbreitete Nutzung dieses Zusatzstoffs wird damit begründet, dass bislang kein anderes Material identifiziert worden sei, das über die gleiche Kombination an Eigenschaften verfüge.

Als SPD-Bundestagsfraktion nehmen wir den gesundheitlichen VerbraucherInnenschutz sehr ernst. Neben dem gesetzlichen Rahmen spielen hierbei die Forschung und die Risikobewertung von Produkten und Stoffen eine wichtige Rolle. Die wissenschaftliche Beratung der beteiligten Bundesministerien sowie anderer Behörden, wie z.B. des Bundesamtes für Risikobewertung (BfR) oder – wie in diesem Fall – der EMA ist dabei zentral. Daher hoffe ich, dass es schnell zu einem Abschluss des Überprüfungsverfahrens kommt.

Mit freundlichem Gruß

Heike Baehrens


Der langjährig tätige Gesundheitspolitiker und zurückliegende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, Herr Erwin Rüder MdB, antwortete am 12. Januar 2022 wie folgt:


Sehr geehrter Herr Mielert,

vielen Dank für Ihre Frage.

Nach aktuellem Wissenstand geht von der geringen Menge Titandioxid in Medikamenten kein Gesundheitsrisiko aus.

Denn für die Herstellung von Arzneimitteln gelten sehr strenge Produktionsregeln. Bei Medikamenten dürfen nur drei Prozent des verwendeten Titandioxids in Form von Nanopartikeln vorliegen. Bei Lebensmitteln durfte der Anteil der Nanopartikel hingegen bis zu 50 Prozent beantragen.

Mit freundlichen Grüßen

Erwin Rüddel MdB


Herr Prof. Dr. Andrew Ullmann antwortete am am 8. Februar 2022 wie folgt:


Sehr geehrter Herr Mielert,

als Arzt und Bundestagsabgeordneter steht die Patientensicherheit bei mir ganz weit oben auf der Prioritätenliste. Deswegen finde ich es gut, dass Titandioxid in Lebensmitteln verboten wird; auch wenn, wie Sie ganz richtig darlegen, der Zusammenhang zu gesundheitlichen Schäden bisher nur mutmaßlich und mithin nicht gänzlich evident ist.

Ich finde es auch gut, dass die Pharmaindustrie aufgerufen ist, Alternativen zu prüfen und in drei Jahren noch einmal über ein Verbot gesprochen werden wird. Allerdings können wir Medikamente nicht mit Kuchenglasur vergleichen. Die Zusammenstellung der Medikamente können nicht einfach ausgetauscht werden und ggf. müssen neue Tests gemacht werden. Deshalb hielte ich es im Sinne der Patientensicherheit für unverantwortlich, durch ein kurzfristiges Verbot von Titandioxid in Medikamenten die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit lebenswichtigen Medikamenten aufs Spiel zu setzen.

Mit den besten Grüßen
Andrew Ullmann


Am 10. Februar 2022 schrieb der Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, Prof. Dr. Edgar Franke, eine sehr ausführliche und themengerechte Stellungnahme. Die Einlassung von Prof. Franke ist nicht nur ob seiner Funktion im Bundesgesundheitsministerium gewichtig, sondern mit Blick auf seine langjährige Erfahrung und sachliche Expertise als Gesundheitspolitiker. 


Sehr geehrter Herr Mielert,


tatsächlich gelangte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zum Schluss, dass Titandioxid nicht mehr als Lebensmittelzusatzstoff geeignet ist, aufgrund einer möglichen Genotoxizität. Für Arzneimittel ist es jedoch weiterhin zulässig.
Die Genotoxizität (die Fähigkeit einer Substanz oder eines anderen toxischen Mittels, das genetische Material von Zellen zu schädigen, was als mögliche Folge zu Krebs führen kann) wurde allerdings nicht nachgewiesen, sondern nur nicht entkräftet. Die Bedenken hinsichtlich einer Genotoxizität konnten aber demnach nicht ausgeschlossen werden.


Am 8 September 2021 hat die EMA (Europäischen Arzneimittel-Agentur) Stellung bezogen zur Verordnung der EU-Kommission im Hinblick auf Medizinprodukte. Nach Angaben der (EMA) geht es um rund 91.000 Humanarzneimittel und Medizinprodukte.


Die Aussage Titandioxid diene alleine Produktdesign-Zwecken sei so nicht haltbar, denn solche Hilfsstoffe haben mehrere Funktionalitäten und sichern die Wirksamkeit. Bis heute wurde kein einzelnes Material identifiziert, das die gleiche Kombination von Eigenschaften bietet, so die EMA. Die Trennung der verschiedenen Funktionalitäten von TiO2 bei Arzneimitteln, in denen es mehr als einer Funktion dient, ist schwierig oder möglicherweise überhaupt nicht möglich. Bei derzeit bestehenden Alternativen wurde eine Reihe von Nachteilen festgestellt.


Desweiteren könne man einen Hilfsstoff auch nicht einfach so austauschen, denn jedes betroffene Arzneimittel erfordere eine individuelle Überprüfung und Bewertung, was die Untersuchung von Alternativen, die Neuformulierung des Produkts, die Generierung neuer Daten in Bezug auf Herstellung, Auflösung und Stabilität usw. und möglicherweise neue klinische Daten erfordere und diese müssen von den zuständigen nationalen Behörden und der EMA bewertet werden.
Jede Anforderung, TiO2 in Arzneimitteln zu ersetzen, führt mit ziemlicher Sicherheit zu erheblichen Arzneimittelengpässen und zum Abbruch bzw. Rückzug von Arzneimitteln aus der EU, erwartet die EMA. Besondere Bedenken ergeben sich in Bezug auf bestimmte anfällige Arten von Produkten wie Kinderarzneimittel, Arzneimittel für seltene Leiden, Produkte mit geringem Verkaufsvolumen, Bienenprodukte usw.), so die EMA weiter.


Doch, sehr geehrter Herr Mielert, das heißt nicht, dass es einfach ein „weiter so“ gibt. Die Verordnung enthält eine Überprüfungsklausel, wonach die EU-Kommission die Situation innerhalb von 3 Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung neu bewerten soll.


Dies ist ein klares Zeichen dafür, dass die pharmazeutische Industrie alle möglichen Anstrengungen unternehmen sollte, um die Erforschung und Entwicklung von Alternativen zum Ersatz von Titandioxid zu beschleunigen und die erforderlichen Änderungen der betreffenden Genehmigungen einzureichen.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Edgar Franke



Diese Seite wird fortlaufend um eingehende Antworten aktualisiert. 

Vielen Dank für ihr Interesse!



Gerne können Sie uns Ihre Fragen und Anregungen zu diesem Thema senden. Bitte schicken Sie uns Ihre EMail an 

info@titandioxid.org

Wir werden so schnell wie möglich antworten. 



Am 14. Februar 2022 schrieb uns TEVA MEDICAL AFFAIRS wie folgt:


Von: "Medical Affairs teva.de" <medical.affairs.Teva@teva.de>
Datum: 14. Februar 2022 um 14:52:29 MEZ
An: info@amovista.com
Betreff: Titandioxid in unseren Arzneimitteln


Sehr geehrter Herr Mielert,

vielen Dank für Ihr freundliches Schreiben und Ihre konstruktive Kritik zum Einsatz von Titandioxid.
Gerne können wir Ihnen dazu mitteilen, dass Titandioxid bislang ein wichtiger Hilfsstoff war, um die enthaltenen Wirkstoffe vor Lichteinstrahlung zu schützen.

Es wird deshalb noch einige Zeit dauern, bis für Arzneimittel eine adäquate Alternative gefunden wird und diese dann auch in die bestehenden Rezepturen unserer Arzneimittel implementiert werden kann.
Aufgrund seiner spezifischen Aufgaben (vor allem Lichtschutz für die in den Tabletten enthaltenen Wirkstoffe, Glättung der Oberfläche für eine erleichterte Einnahme u.a.), kann Titandioxid nicht einfach ersatzlos aus den Rezepturen entnommen werden.

Die jüngst veröffentlichte Stellungnahme der europäischen Arzneimittelbehörde European Medicines Agency (EMA) beschreibt die Problematik wie folgt:

„Bislang wurde kein einziges Material identifiziert, das die gleiche Kombination von Eigenschaften bietet, die Titandioxid auszeichnen (z. B. Opazität, Kontrastverstärkung, Inertheit, Schutz vor UV-Licht und Oberflächenbeschaffenheit/Glätte des resultierenden Produkts). Eine Trennung der verschiedenen Funktionen von Titandioxid bei Arzneimitteln, bei denen es mehr als eine Funktion erfüllt, ist schwierig oder möglicherweise gar nicht möglich.
Zu den bisher ermittelten möglichen Alternativen gehören Kalziumkarbonat, Talkum und Stärke. Bei diesen Alternativen wurde eine Reihe von Nachteilen festgestellt (z. B. die Unmöglichkeit, ausreichend dünne Schichten zu erhalten, Probleme mit der Lieferkette, Risiko elementarer Verunreinigungen der Mineralien).
Die Durchführbarkeit des Ersatzes von Titandioxid kann in diesem Stadium nicht bestätigt werden. Für jedes betroffene Arzneimittel ist eine individuelle Überprüfung und Bewertung erforderlich, die die Untersuchung von Alternativen, eine Neuformulierung des Produkts, die Erstellung neuer Daten über Herstellung, Auflösung und Stabilität usw. sowie möglicherweise neue klinische Daten (z. B. die Erstellung von Bioäquivalenzstudien) umfasst, die anschließend alle von den zuständigen nationalen Behörden und der EMA bewertet werden müssen.“

https://www.ema.europa.eu/en/documents/report/final-feedback-european-medicine-agency-ema-eu-commission-request-evaluate-impact-removal-titanium_en.pdf

Wir können Ihnen versichern, dass wir dringend nach Alternativen suchen und diese sobald wie möglich für unsere Produkte anwenden möchten. Welcher zeitliche Rahmen hierfür notwendig sein wird, ist derzeit bedauerlicherweise nicht abschätzbar.

Es würde uns freuen, wenn Sie aufgrund dieser Informationen Verständnis dafür aufbringen könnten, dass in einigen unserer Arzneimittel noch bis auf weiteres Titandioxid zum Schutz der Wirkstoffe enthalten sein wird.

Eine Umstellung unserer Titandioxid-haltigen Nahrungsergänzungsmittel wurde bereits angestoßen und wird in mehreren Monaten umgesetzt sein.

Wir freuen uns, wenn wir Ihnen hiermit dennoch weiterhelfen können und wünschen Ihnen weiterhin alles Gute.

Freundliche Grüße aus Ulm
Melanie Englmann
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Melanie Englmann
Apothekerin | Fachreferentin Medizin und Wissenschaft Generika
Telephone: +49 800 800 5022  | Fax: +49 800 589 4083
medical.affairs@ratiopharm.de | www.ratiopharm.de
ratiopharm GmbH, Graf-Arco-Str. 3, 89079 Ulm, Germany | Registry Court: Ulm HRB 991
Managing Directors: Andreas Burkhardt, Thomas Schlenker
cid:image002.jpg@01D4EB0F.77C0D530

Eher schmallippig antwortet HEXAL am 16. Februar 2022:


Sehr geehrter Herr Mielert,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu Titaniumdioxid und dessen Einsatz in Medikamenten.
Da es sich bei der Verordnung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit zum Einsatz von Titaniumdioxid in Lebensmitteln um ein industrieweites Thema handelt möchten wir Sie gerne an Medicines for Europe verweisen, die im Oktober letzten Jahres eine Stellungnahme seiner Mitgliedsunternehmen zur Verordnung und im speziellen zum Einsatz von „Titaniumdioxid in Arzneimitteln“ herausgegeben haben.

Daraus zitiert:
TiO2 in Arzneimitteln: Die Verordnung sieht vor, dass TiO2 vorerst auf der Liste der zugelassenen Zusatzstoffe bleibt, um seine Verwendung in Arzneimitteln als Farbstoff zu ermöglichen.
Bitte wenden Sie sich für weitere Informationen an die Pressestelle von Medicines for Europe.

Vielen Dank und Gruss
Michael Lermer
Kommunkation Hexal




Der Gesundheitspolitiker Dirk Heidenblut (SPD) schreib am 1.6.2022 wie folgt:


Sehr geehrter Herr Mielert,


Sie sprechen hier ja EU-Recht an, wie sich die Gesundheitspolitiker*innen in der EU und in den zuständigen Ausschüssen positionieren kann ich Ihnen nicht beantworten.
Richtig ist, die EU hat Titandioxid für Lebensmittel vorsorglich verboten, da eine vermutete Toxizität zwar nicht nachgewiesen, aber eben auch nicht entkräftet wurde. Folgerichtig wäre es, dem Beispiel bei Arzneimitteln zu folgen.

 

 


Die EMA hat in Ihrer Stellungnahme allerdings sehr deutlich gemacht, dass ein Ersatz wohl nicht schnell möglich ist. Sie können das hier nachlesen: 

 

https://www.ema.europa.eu/en/documents/report/final-feedback-european-medicine-agency-ema-eu-commission-request-evaluate-impact-removal-titanium_en.pdf

 


Zur Patientensicherheit gehört natürlich auch die Verfügbarkeit nötiger Medikamente. Ich gehe davon aus, dass, wie vorgesehen, nach einer Übergangszeit von längstens drei Jahren die Frage erneut aufgerufen wird und dann auch ein Verbot in Arzneimitteln erfolgt.

 


Mit freundlichen Grüßen
Dirk Heidenblut



Am 9. September 2022 erreichte uns die Stellungnahme von Herrn Tino Sorge MdB (CDU), Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages und gesundheitspolitischer Sprecher der CDU7CSU-Bundestagsfraktion


Sehr geehrter Herr Mielert,


vielen Dank für Ihre Frage und das Interesse an meiner Arbeit. Patientensicherheit ist ein Thema von größter Wichtigkeit.


Nach aktuellen Informationen wird Titandioxid bei Arzneimitteln nur in möglichst geringen Mengen, unter größter Vorsicht und strenger Kontrolle verwendet. Unter anderem wird es bei Tabletten benötigt, die für eine optimale Wirkung einen Schutzfilm haben müssen.


Im Übrigen sind die Qualitäts- und Sicherheitsvorschriften für die Arzneimittelherstellung noch einmal um ein Vielfaches strenger als jene für die Lebensmittelherstellung.


Mit freundlichen Grüßen
Tino Sorge




Presseanfragen an presse@titandioxid.org erbeten

©J.M.Mielert 2022, DOPANET® Wissen & Kommunikation,registrierter Interessenvertreter, eingetragen im Lobbyregister des Deutschen Bundestages zur laufenden Nummer R 00017.

Erklärung zur Transparenz: Die hier aufgerollte Thematik um Titandioxid erfolgt ohne jede Beauftragung von Dritten und ohne Wahrnehmung eines expliziten Interesses für Dritte. Die Fragestellung und Betrachtung des Themas wird ausschliesslich im eigenen und im Interesse der Eigenmarke DOPANET betrieben. 



Nachstehend veröffentlichen wir den Wortlaut der Entscheidung der EU-Kommission vom 14.1.2022 in vollständiger Länge. Besonders die Ziffern 15 ff. beschreiben die Situation des Einsatzes von Titandioxid in Arzneimitteln. 

Der Tenor des Beschlusses ist zwar richtungsweisend, aber nicht eindeutig, denn mit dem Beschluss ist nur vage angedeutet, dass eine Überprüfung nach 36 Monaten erfolgt. Das ist uns ausdrücklich zu wenig. Die nachgeordnete Einstufung von Patientensicherheit im Kontext des allgemeinen Verbraucherschutzes ist nicht hinnehmbar. Während der Normalkonsument auf ein Lebensmittel mit Titandioxid problemlos hätte verzichten können, dennoch nun aber durch die Verbotsnote generell geschützt wurde, kann ein Patient zu keiner denkbaren Bedingung auf seine Medikamente verzichten, bleibt aber - mindestens befristet, mutmasslich dauerhaft - ohne fürsorglichen Schutz der EU-Kommission. 

Diese Form der Ungleichbehandlung ist für uns nicht akzeptabel und dass zudem die Kommissionspräsidentin Ärztin ist, macht die Angelegenheit vollends unplausibel. Die Kommissionspräsidentin hat als approbierte Ärztin hinreichend Expertise, praktisch und lebensnah zu erkennen, dass ein Patient mindestens einen gleichwertigen Fürsorgeschutz der politischen Instanzen bedarf, wie der Konsument einer Kuchenglasur oder eines Gummibärchens. 

Wir setzen nicht in erster Linie auf den Beweis, wie schädlich möglicherweise Titandioxid in Arzneimitteln ist und wieviele Tabletten der Patient einnehmen muss, um faktisch gesundheitlichen Schaden zu erleiden, sondern wir wehren uns gegen die Ungleichbehandlung. Diese Ungleichbehandlung folgt mindestens teilweise dem geradezu unglaublichen Druck der Pharma-Lobby, die der Politik und der Verbraucherschaft mit dem Totschlagargument der im Falle eines Titandioxid-Verbotes in Frage stehenden Versorgungssicherheit die Nerven freilegt. 

Dass dann Titandioxid auch in Arzneimitteln nicht mehr zulässig sein könnte, ist vorhersehbar unwahrscheinlich. Die Ausführungen der Kommission in dem Beschluss sind hingegen aber deutlich genug, um zu erkennen, dass einzelne gutachterliche Stellungnahmen von Toxikologen oder anderen Expertisen, die den Kosten-Nutzen-orientierten Gebrauch von Titandioxid als risikolos beschreiben oder gar als alternativlos darstellen, als widerlegt anzusehen sind. Sie sind als "Pharma-Sprach" enttarnt. Die EU-Kommission würde nicht annähernd die Hälfte der Textlänge des gesamten Verbotsbeschlusses auf die Thematik des Einsatzes von Titandioxid in Arzneimitteln verwenden, wenn Titandioxid in Arzneimitteln, wie vielfach von der Herstellerwirtschaft inszeniert, komplett unproblematisch wäre. 

An dieser Stelle gilt es, den Gesundheitspolitikern, die sich hier den Einzelanfragen gestellt haben und stellen, zu danken. Wir sind uns bewusst, dass ein Bundestagsabgeordneter in einer "anderen Währung" denkt und denken muss. Ein Wahlkreisabgeordneter oder auch ein Listenplatz-Abgeordneter machen Politik und entwickeln Themen für die breite Wählerschaft. Die Wählerstimme ist die Währung des Mandatsträgers. Dass sich in Erkenntnis dieser Gegebenheit dennoch verschiedene Abgeordnete dieser Diskussion stellen, ist erfreulich. Wir wissen, dass man mit einer Diskussion um Titandioxid in Medikamenten keine Wahl gewinnen kann und sind dennoch aber der Meinung, dass man mit Patientensicherheit sehr wohl Wähler ansprechen kann. 

DOPANET ist im politischen Berlin ganz ordentlich vernetzt. Die Tasche, dass und wieviele und vor allem welche Bundestagsabgeordneten unsere Anfrage beantworten, zeigt den Grad unserer Vernetzung ohne weitere Erläuterung. Wir machen unsere Arbeit komplett unentgeltlich, absolut ohne irgendwelche Abhängigkeiten und ehrenamtlich. DOPANET hat inzwischen über 8.000 Mitglieder und Leser aus allen Bereichen der Gesellschaft und täglich werden es mehr. Wir haben keine Sponsoren und wir wollen und brauchen auch keine Mitgliedentgelte, für uns gibt es keine Paywalls und keine Projektförderung und das wird auch so bleiben. DOPANET ist und bleibt unabhängig. Das macht uns frei, mit Nachdruck für Patientenschutz und Patientensicherheit einzustehen und als Informationsformat Wissen und Kommunikation zu transportieren. DOPANET ist keine Selbsthilfe-Plattform und kein Verein, sondern rein privat ausgerichtetes und installiertes Projekt.




 

VERORDNUNG (EU) 2022/63 DER KOMMISSION
vom 14. Januar 2022

 


zur Änderung der Anhänge II und III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des Lebensmittelzusatzstoffs Titandioxid (E 171)
(Text von Bedeutung für den EWR)


DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelzusatzstoffe (1), insbesondere auf Artikel 10 Absatz 3,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1331/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über ein einheitliches Zulassungsverfahren für Lebensmittelzusatzstoffe, -enzyme und -aromen (2), insbesondere auf Artikel 7 Absatz 5,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)
Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 enthält die EU-Liste der für die Verwendung in Lebensmitteln zugelassenen Zusatzstoffe mit den Bedingungen für ihre Verwendung.
(2)
Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 enthält eine EU-Liste der für die Verwendung in Lebensmittelzusatzstoffen, -enzymen und -aromen sowie in Nährstoffen zugelassenen Zusatzstoffe mit den Bedingungen für ihre Verwendung.
(3)
Titandioxid (E 171) ist ein Stoff, der nach Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 als Farbstoff in verschiedenen Lebensmitteln zugelassen ist.
(4)
Gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1331/2008 kann die EU-Liste der Lebensmittelzusatzstoffe auf Initiative der Kommission oder auf Antrag aktualisiert werden.
(5)
Gemäß Artikel 32 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 werden alle Lebensmittelzusatzstoffe, die bereits vor dem 20. Januar 2009 in der Union zugelassen waren, einer neuen Risikobewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden „Behörde“) unterzogen.
(6)
Am 14. September 2016 veröffentlichte die Behörde ein wissenschaftliches Gutachten zur Neubewertung der Sicherheit von Titandioxid (E 171) als Lebensmittelzusatzstoff (3), in dem sie zu dem Schluss kam, dass die in dem Gutachten berechneten Sicherheitsmargen nicht bedenklich sind. Dennoch empfahl die Behörde zusätzliche toxikologische Untersuchungen, eine erweiterte 90-Tage-Studie oder eine Mehr-Generationen- bzw. erweiterte Ein-Generationen-Studie zur Reproduktionstoxizität gemäß den geltenden OECD-Richtlinien, um einen gesundheitsbezogenen Referenzwert (annehmbare tägliche Aufnahmemenge — acceptable daily intake — ADI) für Titandioxid (E 171) festsetzen zu können. Die Behörde empfahl auch, die Unionsspezifikationen für Titandioxid (E 171) dahin gehend zu ändern, dass eine Charakterisierung der Partikelgrößenverteilung und des Anteils der Partikel in Nanogröße in als Lebensmittelzusatzstoff verwendetem Titandioxid (E 171) erfolgt und dass die Höchstwerte für Verunreinigungen mit toxischen Elementen überarbeitet werden.
(7)
Am 30. Januar 2017 veröffentlichte die Kommission eine öffentliche Aufforderung zur Vorlage wissenschaftlicher und technologischer Daten betreffend Titandioxid (E 171), die auf die Daten abzielte, die gemäß dem wissenschaftlichen Gutachten zur Neubewertung dieses Stoffes als Lebensmittelzusatzstoff benötigt werden.
(8)
Am 2. Oktober 2017 und am 29. Juni 2018 unterbreiteten Unternehmer mit Blick auf die Empfehlungen der Behörde einen Vorschlag zur Änderung der Spezifikationen für Titandioxid (E 171) und legten die erforderlichen Daten vor. Am 7. August 2018 ersuchte die Kommission die Behörde um ein wissenschaftliches Gutachten dazu, ob die vorgelegten Daten die vorgeschlagene Änderung der Spezifikationen für Titandioxid (E 171) angemessen untermauern.
(9)
Am 12. Juli 2019 veröffentlichte die Behörde ein wissenschaftliches Gutachten zu den vorgeschlagenen Änderungen der Spezifikationen für als Lebensmittelzusatzstoff verwendetes Titandioxid (E 171). Die Behörde kam zu dem Schluss, dass zusätzliche Parameter im Zusammenhang mit der Partikelgrößenverteilung in die Spezifikationen aufgenommen werden sollten, und empfahl eine Überarbeitung der Definition des Lebensmittelzusatzstoffs Titandioxid (E 171) in den Unionsspezifikationen. Die Behörde kam ferner zu dem Schluss, dass auf der Grundlage der vorgeschlagenen Änderung der Spezifikationen die toxikologische Datenbasis in Bezug auf Titandioxid (E 171) als Lebensmittelzusatzstoff entsprechend den Datenanforderungen der Leitlinien zur Risikobewertung von Anwendungen der Nanowissenschaften und Nanotechnologien in der Lebens- und Futtermittelkette („Guidance on risk assessment of the application of nanoscience and nanotechnologies in the food and feed chain“) aus dem Jahr 2018 (4) überarbeitet werden sollte.
(10)
Am 6. März 2020 ersuchte die Kommission die Behörde, die Sicherheit des Lebensmittelzusatzstoffs Titandioxid (E 171) zu bewerten, und zwar unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Änderungen der Spezifikationen, der Daten aus einer erweiterten Ein-Generationen-Studie zur Reproduktionstoxizität, die von einer Gruppe interessierter Unternehmer als Reaktion auf die öffentliche Aufforderung zur Vorlage von Daten im Jahr 2017 vorgelegt wurde, sowie aller neuen relevanten Daten, die seit Abschluss der Neubewertung von Titandioxid (E 171) im Jahr 2016 verfügbar sind, einschließlich der Daten, die als mit den Datenanforderungen der Leitlinien von 2018 zur Nanotechnologie im Einklang stehend gelten.
(11)
Am 6. Mai 2021 veröffentlichte die Behörde ein wissenschaftliches Gutachten zur Sicherheitsbewertung von Titandioxid (E 171) als Lebensmittelzusatzstoff (5). Vor dem Hintergrund des Gutachtens zu den vorgeschlagenen Änderungen der Spezifikationen und gemäß den Leitlinien von 2018 zur Nanotechnologie werden in dem Gutachten neben allen neuen relevanten Daten auch die vor 2016 veröffentlichten Daten zur potenziellen Genotoxizität von Titandioxid-Nanopartikeln berücksichtigt, die zuvor nicht als relevant für die Neubewertung im Jahr 2016 ermittelt worden waren. Die Behörde wies in ihrem Gutachten darauf hin, dass auf der Grundlage aller verfügbaren Nachweise Bedenken hinsichtlich der Genotoxizität nicht ausgeschlossen werden könnten, und kam angesichts der zahlreichen Unsicherheiten zu dem Schluss, dass Titandioxid (E 171) bei Verwendung als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr als sicher angesehen werden kann. Die Behörde hat neue Studien, die die Bedenken hinsichtlich der Genotoxizität und andere verbleibende Unsicherheiten ausräumen könnten, weder ermittelt noch empfohlen.
(12)
In Anbetracht der Schlussfolgerung des Gutachtens der Behörde von 2021 zur Sicherheit von Titandioxid (E 171) bei Verwendung als Lebensmittelzusatzstoff sollte die Zulassung zur Verwendung von Titandioxid (E 171) in Lebensmitteln aufgehoben werden. Titandioxid (E 171) darf daher nicht mehr in Lebensmitteln verwendet werden. Da Titandioxid (E 171) nicht mehr für die Verwendung in Lebensmitteln zugelassen sein wird, sollte auch der Verweis darauf aus dem Eintrag zur Verwendung von Kaliumaluminiumsilicat (E 555) als Trägerstoff in Anhang III Teil 1 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 gestrichen werden.
(13)
Da die Behörde jedoch keine unmittelbaren gesundheitlichen Bedenken im Zusammenhang mit als Lebensmittelzusatzstoff verwendetem Titandioxid (E 171) festgestellt hat und um einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen, ist es angezeigt, dass Lebensmittel, die gemäß den vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung geltenden Vorschriften verwendetes Titandioxid (E 171) enthalten, bis zu sechs Monate nach diesem Datum in Verkehr gebracht werden dürfen. Diese Lebensmittel dürfen dann bis zu ihrem Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum weiter in Verkehr gebracht werden.
(14)
Mit der Richtlinie 2009/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (6) wird die Verwendung von Farbstoffen in Human- und Tierarzneimitteln auf diejenigen beschränkt, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen sind und für die in der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 der Kommission (7) Spezifikationen festgelegt sind. Die Verwendung anderer Hilfsstoffe als Farbstoffe in Arzneimitteln unterliegt den Vorschriften der Union über Arzneimittel und wird als Teil des Nutzen-Risiko-Profils eines Arzneimittels bewertet.
(15)
Auf Ersuchen der Kommission legte die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) am 8. September 2021 eine wissenschaftliche Analyse des technischen Zwecks der Verwendung von Titandioxid (E 171) in Arzneimitteln, der Durchführbarkeit der Ersetzung und möglicher Fristen für Alternativen vor. In ihren Schlussfolgerungen wies die EMA darauf hin, dass Titandioxid hauptsächlich in Arzneimitteln als Farbstoff und Trübungsmittel verwendet werde, auch wenn es mehreren Zwecken dienen kann. Sie betonte ferner, dass Titandioxid häufig in einer Reihe unentbehrlicher Arzneimittel in oraler fester und oraler halbfester Darreichungsform verwendet wird. Die EMA wies außerdem darauf hin, dass es aus technischer Sicht möglich sein sollte, Alternativen zu finden, um Titandioxid-(E 171)-haltige Beschichtungen, die sowohl als Farbstoff als auch für andere Verwendungszwecke eingesetzt werden, zu ersetzen. Sie unterstrich jedoch auch, dass die Durchführbarkeit der Ersetzung von Titandioxid (E 171) zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht bestätigt ist, da sie sich negativ auf die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln auswirken würde. Die EMA hob hervor, dass Alternativen sorgfältig geprüft werden müssen, um insbesondere ihre Kompatibilität mit den verschiedenen Bestandteilen einzelner Arzneimittel sicherzustellen. Die Ersetzung von Titandioxid (E 171) in zugelassenen Arzneimitteln würde eine individuelle Überprüfung und Bewertung notwendig machen und möglicherweise Bioäquivalenzstudien erfordern. Darüber hinaus kam die EMA zu dem Schluss, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwierig sei, einen genauen Zeitrahmen für die zur Ersetzung von in Arzneimitteln verwendetem Titandioxid (E 171) benötigte Übergangszeit zu empfehlen, da die Neuformulierung der einzelnen Arzneimittel, je nachdem, wie komplex die Neuformulierung und die erforderlichen Studien sind, mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann. Schließlich betonte die EMA angesichts des Umfangs der Verwendung dieses Hilfsstoffs und der betroffenen Produktmenge und unter Berücksichtigung der globalen Lieferketten, dass eine Anforderung, Titandioxid (E 171) zu ersetzen, mit Sicherheit zu erheblichen Arzneimittelengpässen auf dem Unionsmarkt führen würde.
(16)
Auf der Grundlage der wissenschaftlichen Analyse der EMA und zur Vermeidung von Arzneimittelengpässen, die sich auf die öffentliche Gesundheit auswirken könnten, sollte Titandioxid (E 171) vorläufig auf der Liste der zugelassenen Zusatzstoffe verbleiben, damit es in Arzneimitteln als Farbstoff verwendet werden darf, bis geeignete Alternativen entwickelt wurden, um es zu ersetzen und gleichzeitig die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der betreffenden Arzneimittel zu gewährleisten. Während dieser Zeit sollte Titandioxid (E 171) jedoch in die Liste der Farbstoffe aufgenommen werden, die nicht direkt an die Verbraucher verkauft werden dürfen.
(17)
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die pharmazeutische Industrie alle Anstrengungen unternimmt, um die Erforschung und Entwicklung von Alternativen, die als Ersatz für Titandioxid (E 171) in Arzneimitteln verwendet werden können, zu beschleunigen und die erforderlichen Änderungen der Bedingungen für die betreffenden Zulassungen vorzulegen. Werden keine derartigen Anstrengungen unternommen, können die zuständigen Behörden die betroffenen Interessenträger auffordern, objektive und nachprüfbare Gründe vorzulegen, aus denen hervorgeht, warum die Ersetzung nicht durchführbar ist.
(18)
Die Kommission verpflichtet sich, innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung die Notwendigkeit zu prüfen, Titandioxid (E 171) weiterhin in der EU-Liste der Lebensmittelzusatzstoffe zur ausschließlichen Verwendung als Farbstoff in Arzneimitteln zu führen, oder es andernfalls von dieser Liste zu streichen. Diese Überprüfung sollte auf einer aktualisierten Bewertung der EMA beruhen, die vor dem 1. April 2024 durchzuführen ist. Dabei sollten die Fortschritte, die in diesem Zeitraum bei der Entwicklung von Alternativen zu Titandioxid (E 171) in Arzneimitteln sowohl für neue Arzneimittel als auch für seine Ersetzung in zugelassenen Arzneimitteln erzielt wurden, sowie mögliche Auswirkungen auf Qualität, Sicherheit, Wirksamkeit und die Verfügbarkeit von Arzneimitteln berücksichtigt werden. Wenn die Ersetzung von Titandioxid (E 171) in Arzneimitteln innerhalb dieses Zeitraums nicht erfolgt ist oder eingeleitet wurde, sollten nur objektive, nachprüfbare Gründe für die Undurchführbarkeit seiner Ersetzung berücksichtigt werden.
(19)
Die Anhänge II und III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 sollten daher entsprechend geändert werden.
(20)
Die in der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Die Anhänge II und III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 werden gemäß dem Anhang der vorliegenden Verordnung geändert.
Artikel 2
Bis zum 7. August 2022 dürfen Lebensmittel, die gemäß den vor dem 7. Februar 2022 geltenden Vorschriften hergestellt wurden, weiterhin in Verkehr gebracht werden. Nach diesem Zeitpunkt dürfen sie bis zu ihrem Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum auf dem Markt bleiben.
Artikel 3
Die Kommission prüft nach Konsultation der Europäischen Arzneimittel-Agentur innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung die Notwendigkeit, Titandioxid (E 171) weiterhin in der EU-Liste der Lebensmittelzusatzstoffe zur ausschließlichen Verwendung als Farbstoff in Arzneimitteln in Anhang II Teil B der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 zu führen oder von dieser Liste zu streichen.
Artikel 4
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Brüssel, den 14. Januar 2022
Für die Kommission
Die Präsidentin
Ursula VON DER LEYEN



(1)  ABl. L 354 vom 31.12.2008, S. 16.
(2)  ABl. L 354 vom 31.12.2008, S. 1.
(3)  EFSA Journal 2016;14(9):4545.
(4)  EFSA Journal 2018;16(7):5327.
(5)  EFSA Journal 2021;19(5):6585.
(6)  Richtlinie 2009/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Stoffe, die Arzneimitteln zum Zwecke der Färbung hinzugefügt werden dürfen (ABl. L 109 vom 30.4.2009, S. 10).
(7)  Verordnung (EU) Nr. 231/2012 der Kommission vom 9. März 2012 mit Spezifikationen für die in den Anhängen II und III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates aufgeführten Lebensmittelzusatzstoffe (ABl. L 83 vom 22.3.2012, S. 1).
ANHANG
1.
Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 wird wie folgt geändert:
a)
Teil A Nummer 2 Punkt 5 erhält folgende Fassung:
„5.
Die Farbstoffe E 123, E 127, E 160b(i), E 160b(ii), E 161g, E 171, E 173 und E 180 sowie Mischungen davon dürfen nicht direkt an die Verbraucher verkauft werden.“;
b)
in Teil B wird Nummer 1 „Farbstoffe“ wie folgt geändert:
1.
der Eintrag für den Lebensmittelzusatzstoff E 171 (Titandioxid) erhält folgende Fassung:
„E 171
Titandioxid (**)“
2.
nach Fußnote (*) wird die folgende Fußnote (**) eingefügt:
„(**)
Titandioxid ist in den Lebensmittelkategorien in Teil D bzw. E nicht zugelassen. Der Stoff ist in der Liste B.1 aufgeführt, da er in Übereinstimmung mit der Richtlinie 2009/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 109 vom 30.4.2009, S. 10) in Arzneimitteln verwendet wird.“
c)
in Teil C Nummer 2 wird unter „Gruppe II: Lebensmittelfarbstoffe ohne Höchstmengenbeschränkung“ der Eintrag für den Lebensmittelzusatzstoff E 171 (Titandioxid) gestrichen;
d)
Teil E wird wie folgt geändert:
1.
In Kategorie 04.2.4.1 (Zubereitungen aus Obst und Gemüse, ausgenommen Kompott) wird der Eintrag für den Lebensmittelzusatzstoff E 171 (Titandioxid) gestrichen.
2.
In Kategorie 09.2 (Fisch und Fischereiprodukte, einschließlich Weich- und Krebstieren, verarbeitet) werden die drei Einträge für den Lebensmittelzusatzstoff E 171 (Titandioxid) gestrichen.
2.
In Anhang III Teil 1 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 erhält der Eintrag für den Lebensmittelzusatzstoff E 555 (Kaliumaluminiumsilicat) folgende Fassung:
„E 555
Kaliumaluminiumsilicat
90 %, bezogen auf das Pigment
In E 172, Eisenoxide und Eisenhydroxide“




 
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